Wir wohnen mit direktem aus-dem-Fenster-lehn-Blick zum Eingang des Friedhofs und bekommen so den Trubel, der sich auch schon in den vergangenen Tagen abgezeichnet hat, ordentlich mit. Parkplätze rund um den Block sind heiß begehrte Mangelware, da kann es schon mal passieren, dass so ein Rollerchen (zum Glück nicht unseres, das parkt sicher in der Garage), das eben noch auf der Straße stand, unsanft auf den Gehsteig gehievt wird, um für ungeduldige Grabbesucher Platz zu machen.
Pilgerströme bewegen sich durch die Straßen, eine Modeschau deluxe spielt sich vor uns ab: hier eine Dame im Pelzmantel (sie muss ja viiieeel zu warm haben, bei den föhnbedingten 17 Grad heute), dort ein gestiefeltes Miniröckchen. An jedem Eingang werden Schaumrollen (mit extra viel Staubzucker), heiße Kastanien und, wenn es kalt genug ist, Glühwein verkauft, auf der anderen Seite versuchen abkommandierte Jungmusiker im Trachtenoutfit Spenden zu sammeln. Wenn man es dann endlich durch die Tore geschafft hat, beginnt das eigentliche Gewinnspiel: wer hat das am schönsten geschmückte Grab? Wer kürt den Gewinner? Und was hat er/sie dann gewonnen?
Mir ist das alles zuviel. Unter besinnlich verstehe ich was anderes. Für mein persönliches Totengedenken (ich habe das große Glück, dass meine Verwandtschaft noch mehr unter den Lebenden als unter den Toten weilt) benötige ich keinen Massenauflauf. Wenn mir danach ist, streife ich in Ruhe durch den Friedhof und erinnere mich an meine Lieben.